Tuesday, April 13, 2010

Unwort 'Rasse'?

Ich höre B.J. schon aufschreien - und C.S. frohlocken: Der politisch korrekte Streit um den Begriff der 'Rasse' erreicht die Verfassungspolitik:
"Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat den Gesetzgeber erneut aufgefordert, den Begriff 'Rasse' im Grundgesetz zu streichen. Jede Theorie, die auf die Existenz unterschiedlicher Rassen abstelle, sei in sich rassistisch, sagte die Direktorin, Beate Rudolf, anlässlich der Veröffentlichung eines Positionspapiers des Instituts in Berlin."

(Quelle: Die Zeit)
Stellt sich die Frage, ob allein die Anwendung des der biologischen Taxonomie entstammenden, dort klar definierten Terminus 'Rasse' auf den Menschen tatsächlich schon rassistisch ist (so C.S.) oder ob der Begriff als solcher wertfrei ist, lediglich einen naturwissenschaftlichen Sachverhalt beschreibt und erst durch die Verwendung in einem bestimmten ideologischen Kontext zum Kampfbegriff wird (so B.J.).

15 comments:

  1. hatte schon einige hitzige diskussionen deswegen, sowohl online als auch offline. letztendlich störe ich mich nicht an dem begriff, wenn er auf menschen bezogen wird, da man x-andere begriffe auch nicht nach strikter definition benutzt und es mir in einer kommunikation langt, wenn ich verstehe was mein gegenüber meint. die juristen können sich allerdings gerne in den blödsinn definieren :D bei sowas muss ich immer an 1984 denken, "schlecht" wird zu "ungut" usw. naja, in diesem fall wohl schon irgendwo eine berechtigung, aber es entbehrt in meinen augen nicht einer gewissen komik.

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  2. die frage ist, ab wann ein wort ideologisch so stark belastet ist, dass man es als 'kontaminiert' oder gar 'verbrannt' bezeichnen muss...

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  3. klar, nix dagegen das wort amtlich abzuschaffen. finde es nur nicht wirklich nötig, in einer privaten diskussion deswegen auf die zunge zu klopfen. das hat sowas von "man sagt jetzt nicht mehr gesundheit, sondern der niesende entschuldigt sich" oder "raiders heißt jetzt twix"...ich konnte mich auch noch nie dazu durchringen, die eskimos inuit zu nennen. :D

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  4. Nun, leider musste ich feststellen, dass es eines ganzen Videos bedürfen würde, um auf die Angelegenheit angemessen zu reagieren.... aber dafür fehlt mir Zeit und Kamera. vor allem aber die Zeit, denn die Kamera würdest Du ja ausleihen.

    Ich sage mal kurz was meine Punkte wären:

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  5. 1. Rasse: gibt es das überhaupt?
    Ja. Warum? Weil es auch unterhalb der noch relativ einfach definierbaren Kategorie 'Art" = "Spezies" Untergruppen gibt, die sich dermaßen von einander unterscheiden, dass es aus wissenschaftlicher Sicht Erkenntnissverweigerung wäre, wenn man deren Existenz ignorieren wöllte.
    Taxonomisch eindeutig ist die Definition der Rasse hingegen nicht und ich frage mich wo Du diese Aussage her hast. Es ist gerade die Vagheit dieses Begriffes, die ihn so angreifbar macht.
    Leider vergessen diejenigen die den Begriff als ganze ablehnen, dass es klare Definitionsgrenzen in der Belebten Welt ohnehin nicht gibt. Selbst die Art hat einen unklaren Randbereich, wofür ich den Arktischen Möwenzirkel (ich weiß nicht ob der wirklich so hieß) als bestes Beispiel erachte. Dort sind fünf Möwenrassen rund um die Arktis, von Island über Skandinavien und Nordasien bis nach Alaska, Nordkanada und Grönland benachbart. Rasse A kann sich bit B kreuzen, B mit C, C mit D usw. Nur A und E können es nicht! Jetzt zieh mal die Grenze zwischen Art und Rasse!

    Ich würde - sofern es nicht Autoren gibt die das eh schon tun- Rasse so definieren, dass die Unterschiede evolutionsbiologisch relevant sein müssen. Gibt es also einen Wolf der immer weiß ist und einen Wolf der grau ist, dann macht das im arktischen Norden - wo alle möglichen Arten und Rassen weißes Fell haben - einen extremen Unterschied. Somit ist der canis lupus arcticus eine Rasse, weil allein seine weiße Fellfärbung in diesem Habitat einen evolutionsbiologischen Unterschied ausmacht, durch bessere Fähigkeit zur Jagt in den schneebedeckten Lebensräumen.

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  6. 2. Rasse vs. Subspezies
    Jetzt sagen einige, dass dies richtig sei, aber der Begriff sei "Unterart" oder eben "Subspecies". Tja, sage ich dann, dass ist dann aber nur ein Streit ums Wort, denn sinnvoll verstanden ist Rasse eben nur das und jeder der Rasse ablehnt zu Gunsten von Subspezies tut das nur aus außerwissenschaftlochen Gründen... genau genommen: political correctness.

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  7. 3. Rasse bei Menschen
    Bleibt noch die Frage, ob es Rassen denn auch bei Menschen gibt.
    Nun, ob das der Fall ist darf nicht Gegenstand von ethischen Erwägungen sein, sondern der Biologie. Und für die biologische Bewertung kann nichts anderes für Menschen gelten als für die anderen Arten. Nach meiner eigenen Definition ist es also eine Frage, ob die Unterschiede zwischen den verschiedenen Menschengruppen evolutionsbiologisch relevant sind.
    Nun, die weiße Haut macht im Norden Sinn, weil Menschen die ihr Vitamin D nicht aus Fleisch erhalten (keine Jäger und Sammler mehr) dieses selbst in der Haut synthetisieren müssen. Das ist in Gebieten mit wenig Sonneneinstrahlung schwieriger, wenn man Haut mit viel Melanin hat. Helle Haut bringt also einen evolutionsbiologischen Vorteil, wenn man in einem entsprechenden Habitat lebt. Gerade daher sind "die Weißen" ja auch nur hier entstanden, während z.B. Samen (Lappen) und Eskimos (die heißen wohl doch nicht alle Inuit) schwarze Haare und dunklere Haut haben... weil sie bis vor sehr kurzem vornehmlich Fleisch essende Jäger und Sammler waren bzw. Karibuhalter.

    Wiederum macht es sich verdammt schlecht nackt mit heller Haut durch die, sagen wir mal, Kalahari zu rennen. Auch ein Grund warum südlich der Sahara, in Südindien, in Südamerika, in Australien etc. dunkle Haut und dichtes, krauses Haar zumindest weit überwiegend vorherrscht.
    Weitere Beispiele dieser Art sind leicht zu finden (mehr rote Muskeln bei Schwarzafrikanern, mehr weiße (Ausdauer) bei Europäern, Sichelzellenanämie in Schwarzafrika, die gegen Malaria resistent macht, Fähigkeit Milch auch als Erwachsener zu verdauen bei bestimmten Völkern die lange Zeit schon Vieh halten etc.).

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  8. Bleibt noch das Argument: Alle Menschen sind eine Rasse, weil der Neandertaler die andere Rasse ist. Dies ergäbe sich ja auch schon aus der Nomenklatur: Homo Sapiens Sapiens vs. Homo Sapiens Neandertalenis, wobei jeder der sich auskennt erkennen kann, dass Homo Sapiens die Art ist (binominale Speziesnomenklatur) und das angehängte "sapiens" bzw. neandertalensis sei dann die Rasse.

    Nun, als erstes ist hier festzustellen, dass sich die Nomenklatur der zu beschreibenden Realität zu beugen hat und nicht umgekehrt. Zum anderen ist es immer noch strittig/unklar ob der Neandertaler denn nun wirklich mit uns kreuzbar war oder nicht. Entsprechend wird auch die Bezeichnung auch immer wieder anders dargestellt homo sapiens sapiens und homo sapiens neandertalensis oder aber homo sapiens und homo neandertalenis.

    Letztendlich ist aber selbst diese Frage irrelevant! Denn selbst wenn alle Menschen tatsächlich als eine Rasse zu klassifiziren wären, dass sind die Untergruppen, also diese Subsubspezien oder Subrassen oder wie auch immer, ja trotzdem real existierend! Es gibt nun man "Weiße", "Schwarze", "Gelbe" (um mal die Trivialnamen zu benutzen) und "Altschichtrassen" (hier kenne ich keinen Trivialnamen) und die Unterschiede zwischen diesen Gruppen sind real, nachweisbar, evolutionsbiologisch relevant und genau genug definierbar um den Ansprüchen des wissenschaftlichen Arbeitens zu genügen.


    Liebe Grüße

    B.

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  9. Gut zu lesende Ausführung. Galt wahrscheinlich mehr laertes, aber ich bedanke mich trotzdem für die Mühe. Gehe damit konform, wobei ich keinen großen Plan von Biologie habe. ;-)

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  10. @Bob:
    ja, B.J.s beitrag war auf mein posting bezogen! vielleicht machen wir echt mal eine videokolumne.

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  11. Hallo Laertes!

    Welch Zufall! Ich arbeite gerade an einem meiner Arzthaftungsfälle und habe im Internet gesucht, was ein Radioderm ist. Ich fand dies:

    http://www.dermis.net/dermisroot/de/12732/image.htm

    Und siehe da, was steht da unten als Fallbeschreibung?

    * Rasse des Patienten: kaukasisch

    Na, wird wohl jemand gemeint haben, dass es medizinisch relevant ist, ob wir die Hautveränderung aufgrund von Bestrahlung bei weißen, schwarzen oder gelben beschreiben, gell?

    Übrigens fällt mir bei der Gelegenheit etwas ein, was ich in einem Video als Antwort zu Deinem Beitra eingebaut hätte: wir könenn zurzeit eine sehr interessante Gegenbewegung beobachten: Während einerseits im Bereich der Politik und Gesellschaft und auch innerhalb der Geistewissenschaften sich die Ablehnung der Rasse immer mehr durchsetzt, ist sie im Bereich der Biologie, Medizin und Genetik gerade jetzt immer stärker im Vormarsch befindlich. Während die eine Geschichtswissenschaftler von Rasse nichts wissen wollen, weisen Genetiler nach, dass ein Gen, das sonst nur in Makedonien vorkpommt bei einigen Männern in Pakistan im Genom vorkommen und bestätigen damit die Behauptung der Stämme aus dem diese Männer stammen, dass sie Nachfahren der Soldaten Alexander des Großen seien.
    Während hier im Kommentar zum Allgemeinen Gleichgbehandlungsgesetz steht, dass die Formulierung in der EMRK, man dürfe wegen der Rasse nicht benachteiligt werden nicht bedeuten sollm dass es diese gäbe Rassen (das sehen die anderen Staaten in Europa glaube ich nicht so), muss ich bei der Einreise in die USA ganz selbstverständlich meine angeben.
    Und schließlich, was mir gere einfiel, als ich oben im medizinbereich unterwegs war: In den USA kommt ein Mittel gegen Herzinfarkt auf den Markt, dass nachgewiesener Maßen nur bei Schwarzen in Studien eine statistisch nachweisbare positive Wirkung hat und daher auch nur Schwarzen verschrieben wird.
    Da ist also ein Mittel, dass Menschen hilft... aber andere kritisieren dieses Mittel, weil es "rassistisch sei"... Die Wahrheit zu erkennen und zum Positiven zu nutzen ist also rassistisch...
    Es braucht keine Moslems um ideologische Verbohrtheit anzutreffen!


    Grüße

    B.

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  12. Nachdem meine Meinungsdarstellung, die ich als persönliche eMail versendet habe, jetzt unerwartet an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt wurde, ist es mir ein wenig peinlich, dass dieses nicht vollständig recherchierte Stückwerk für alle lesbar in der Welt ist.

    Ich habe mir daher die Mühe gemacht zumindest den "Möwenzirkel" nach zu schauen. Tatsächlich wurde ich fündig. Der Name für das Phänomen ist allerdings "Ringspezies" und die Möwen um die Arktis nur ein Beispiel. Nachzulesen ist das alles hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Ringspezies.

    Grüße

    PS: Bei der Gelegenheit will ich meine Angst überwinden, die ich zugegebener Maßen bei dem Thema habe, eben weil es so hitzig und irrational und "hexenjagderisch" behandelt wird, und oute B.J. als mich.

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  13. @B.J.:
    du ärmster! ;-) das mit der (anonymisierten!) 'veröffentlichung' hatte ich dir aber mitgeteilt. deine gedanken verdienen es, aus dem schatten des vieraugengesprächs zu treten und einer vielzahl von interessierten zugänglich gemacht zu werden.

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  14. Vielen Dank!
    Dann will ich doch weiter machen und ein weiteres Stück Information in den Raum werfen, dass mir ein Freund zugeschickt hat. Es geht um jüngste Ergebnisse, die die Existenz von Mischlingen zwischen Cro Mangon und Neandertalern zu bestätigen scheinen, was den bisherigen Ergebnissen widerspricht:

    http://www.nature.com/news/2010/100420/full/news.2010.194.html

    Der Artikel bezieht sich nicht unmittelbar auf das Thema Rassen beim neuzeitlichen Menschen, steht aber dazu im Zusammenhang.

    1. Im Artikel werden die Begriffe Homo Sapiens und Homo Neanderthalenis verwendet. Nach dieser Nomenklatur wären dies zwei Arten und nicht zwei Rassen der selben Art. hier spricht die Nomenklatur als gegen eines der von Gegners des Begriffes "Rasse" verwendeten Argumente, nämlich, dass alle zurzeit lebenden Menschen bereits eine Rasse seien, denn der Neandertaler sei die andere Rasse der Art Homo Sapiens.

    2. Ironischer Weise widerspricht aber das im Artikel gezeigte Untersuchungsergebnis der im selben Artikel verwendeten Terminologie. Wenn es Mischlinge gibt zwischen Neandertalern und Homo Sapiens und aktuelle Populationen Nachfahren dieser Mischlinge sind, dann sind fruchtbare gemeinsame Nachfahren möglich und das bedeutet, das der Neandertaler und die Homo Sapiens eine Art waren!
    Dann wären das also doch zwei Rassen ein Art!

    An dieser Stelle muss man sich allerdings auch fragen, wer diese Inkonsequenz im Artikel verbockt hat, die (wie oft) Journalisten oder vielleicht schon die Wissenschaftler selbst, die fröhlich die Begriffe weiter benutzten, die schon vor der Untersuchung üblich geworden sind, und einfach nicht bemerkten, dass ihre eine Arbeit eine Änderung der Terminologie nach sich ziehen müsste.

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  15. 3. Was bedeutet denn jetzt aber das ganze für die Frage ob es Rassen beim modernen Menschen gibt?
    Vorweg: Man darf nie vergessen, dass in der Paläoanthropologie die Datenlage auch heute noch schlecht ist. So wie diese Studie eine revolutionäre Wende bedeutet, so hat es solche auch schon früher gegeben und es wird - eben weil wir immer noch so wenige Daten haben - wahrscheinlich auch weitere geben.

    Aber gehen wir jetzt mal davon aus, dass diese Studie Bestand haben wird. Nun, dann sind Neandertaler und Homo Sapiens dann wohl doch Rassen.
    Sind wir dann alle zwangsläufig eine Rasse?

    Möglich wäre es. Wie ich schon oben geschrieben habe, würde dies nicht bedeutet, dass die sichtbaren Unterformen des Menschen nicht trotzdem real existieren und einer wissenschaftlichen Bearbeitung bedürfen, aber es wären halt Unterschiede im Sub-Rassen-Bereich.
    Allerdings enthält die zitierten Studie selbst Argumente für die Existenz von Rassen beim Modernen Menschen: Es heißt, der Homo Sapien habe sich mit dem Neandertaler gekreuzt... allerdings mindestens zu zwei zeitlich versetzten Zeitpunkten und an geographisch unterschiedlichen Orten!

    In Europa soll die Vermischung schon vor 60.000 passiert sein, in Asien soll hingegen eine bereits einmal vermischte Bevölkerung sich noch einmal vor 45.000 Jahren vermischt haben. Das würde bedeutet, dass bei einigen Bevölkerungen der Anteil der Neandertaler-Gene höher sein muss als bei anderen!
    Jetzt die Quizfrage: Wenn zwei - selbst von denen die Rassen beim heutigen Menschen ablehnen anerkannte - Rassen sich mit an einem Ort nur einmal vermischen aber an einem anderen Ort zwei mal... müssen dann nicht beide Mischbevölkerungen zwangsläufig auch zwei Rassen sein?
    Nun, ich meine das gar nicht als rhetorische Frage, denn es kann tatsächlich sein, dass durch die zweite Vermischung der Anteil der Neandertaler-Gene (um es mal so lapidar auszudrücken) größer ist, aber diese höhere Anteil nur insignifikant größer ist.

    Doch jetzt der Clou: Schwarzafrikaner haben gar keine genetische Marker der Neandertaler! Diese Bevölkerung hat also gar keine Neandertaler-Beimischungen!
    Wenn also Neandertaler und Homo Sapiens unstrittig zwei Rassen sind und wir hier in Eurasien, Ozeanien und Amerika alles Homo Sapiens/Neandertaler-Mischlinge sind aber Schwarzafrikaner - so zu sagen - "reine Homo Sapiens" sind... gibt es dann nicht zumindest zwei Rassen?

    Nein, auch das ist wieder keine rhetorische Frage. Leider steht im Artikel nichts über das "Mischungsverhältnis" von Homo Sapiens und Homo Neandertalenis. Es kann also sein, dass wir alle, alle Menschen heute auf der Erde, Homo Sapiens Sapiens sind und lediglich die meisten von uns "eine kleine Prise Neandertaler-Gene" abbekommen haben. Ich jedenfalls bin auf neue Erkenntnisse gespannt und für alle Ergebnisse offen. Schön wenn das für alle gelten würde.

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