Wednesday, August 5, 2009

ichichich

Prof. Wolfgang Seidel schreibt in seinem Aufsatz Wille und Verantwortung: Das Gehirn moduliert den Determinismus (NJW 2009, 2415 f.) über des Menschen "angeborene Tendenzen zum Eigennutz" und bestätigt darin aus ärztlicher Sicht die von B.J. und mir in unserem Streitgespräch mit N.S. und D.V. vertretene Auffassung, dass der Mensch von Natur aus egoistisch handelt:
"[...] höhere Tiere können die Ursachenkette zum eigenen Vorteil ändern. Der Mensch ist in dieser Hinsicht ein Meister, der nach Möglichkeit seine persönlichen Ziele verfolgt. Wichtigste Mechanismen sind das emotionale Präferenzsystem und die motivationalen Antriebe, aber natürlich auch seine durch die Intelligenz gesteuerte Planungsfähigkeit. Die natürliche Konsequenz der vielfältigen 'Manipulation von Kausalitäten' ist ein grundsätzlicher Egoismus, der erfolgreich zur Optimierung der eigenen Überlebenschancen eingesetzt wird bis hin zu Lüge, Betrug und Mord. [...] Die Rechtslehre kann also davon ausgehen, dass der Mensch zwar keinen absolut freien, dafür aber einen eigenen Willen hat, der, den Gesetzen moderner Naturwissenschaft konform, allerdings genuin egoistisch ist."

4 comments:

  1. Interessant, klingt mir aber irgendwie nicht nach der These die ich gelesen und im Gespräch dann vertreten habe!

    Meine These ist, dass dem Menschen sowohl offensichtlich egoistische Verhaltensweisen angeboren sind, wie auch solche, die wir üblicher Weise als altruistisch bewerten.
    Die Steuerung läuft dabei, wie immer, über das Belohnungszentrum im Gehirn wie auch über das "Bestrafungszentrum", das unangenehme Gefühle auslöst.
    Ein tolles Beispiel sah ich zufälliger Weise gerade gestern im Fernsehen (in einer Sendung deren Sendeplatz ich mir leider nicht gemerkt habe). Dort wurden Menschen auf Gehirnaktivitäten untersucht, während sie moralische Entscheidungen trafen. Das besondere am Experiment war, dass sie Entscheidungen in echten und nicht bloß hypothetischen Fällen trafen (In einem konnten sie ganz real Geld erhalten oder nicht und im anderen konnten sie ganz realen Waisenkindern die Anzahl der Mahlzeiten erhöhen oder verringern.).
    Das Ergebnis war u.a., dass die Probanden es genossen Menschen Essen zuzuwenden - das Belohnungszentrum schlug an.
    Bei dem anderen Experiment, dem Ultimatum-Spiel, reagierte wiederum das "Bestrafungszentrum" wenn man ein Angebot bekam, das man als unfair empfand. Die zerebrale Reaktion war ähnlich der, als wenn man an etwas sehr stinkenden riechen würde.

    Die Aktivierung des Belohnungszentrums durch ein altruistisches Verhalten beweist, dass das Handeln zu Gunsten anderer bei uns eben nicht - so wie es im Text von Prof. Wolfgang Seidel dargestellt wird - nur dadurch bedingt ist, dass wir rational antizipieren, dass ein Handeln zu Gunsten anderer von Zeit zu Zeit unseren egoistischen Zielen dient, sondern dadurch, dass uns altruistische Handlungen natürlich angeboren sind.

    Der Grund warum ich meinte alles altruistische Handeln sei letztendlich egoistisch ist ein evolutionsbiologisches. Die natürliche Selektion hat bei unserer (und anderen) Spezies deshalb die Prädisposition zu altruistischem Handeln entstehen lassen, weil wechselseitige Hilfe sich nun einmal positiv auf die Überlebenschancen aller Mitglieder der Art auswirkt. Die Effizienzsteigerung bei Nahrungssammlung, die größere Sicherheit durch gemeinsame Verteidigung und die höhere Überlebensquote der Nachkommen durch gemeinsame Sorge etc., also der Kooperationszugewinn, erhöht nun einmal statistisch die Überlebenswahrscheinlichkeit eines jeden Individuums der Art. Daher ist altruistisches Handeln, zumindest in der Regel, für den einzelnen Günstig und entspricht somit den egoistischen Zielen.

    Dies ist der Grund des Behauptung, das letztendlich jedes Handeln, also auch das altruistische, egoistisch sei.

    B.J.

    ReplyDelete
  2. damit gibst du aber letztlich doch zu, dass die von dir aufgestellte these die ist, alles angeborene verhalten sei egoistisch...
    denn wenn - ich zitiere dich - altruistisches handeln "den egoistischen zielen entspricht", ist es dann eben nicht gerade - quasi indirekt oder mittelbar - egoistisch und damit per definitionem nicht mehr altruistisch, und ist nicht deswegen auch ganz klar deinerseits die auffassung geäußert worden, letztlich (!) sei alles natürliche, 'angeborene' verhalten im ursprung egoistisch?
    es steht natürlich ausser frage, dass es 'echtes' altruistisches verhalten gibt - aber meiner meinung nach eben nur als folge antrainierter, anerzogener denkmuster (auf die wohl mal irgendein ur-sozi gekommen sein muss).

    ReplyDelete
  3. Ich habe diese These nie dementiert. Ich habe nur der These des zitierten Autors widersprochen, wonach altruistisches Handeln nur auf Grund rationaler Kalkulation erfolgt.

    Im übrigen hast Du recht, dass wirklich rein altruistisches Handeln durchaus möglich ist: es passiert dann, wenn ich zu Gunsten von jemand anderem etwas tue, obwohl völlig ausgeschlossen ist, dass er mir jemals etwas gutes tun wird oder jemand anderes auf Grund dieser Tat mir etwas gutes tun wird. Es ist übrigens gar nicht so einfach dies zu erreichen, denn selbst wenn ich mich umbringe um Familienmitglieder zu retten, tue ich etwas für die Verbeitung mir verwandter Gene. Rette ich fremde Menschen, dann rette ich immerhin noch Artgenossen, die - weil uns altruistisches Handeln nunmal angebohren ist - eventuell mal meinen Verwandten helfen, die dann wieder meine Gene verbreiten.
    Man bräuchte schon einen Menschen dessen jegliche Verwandschaft tot ist, der sich für fremde Menschen Opfert oder vielelicht im sterben noch etwas gutes tut, um wirklich reinen Altruismus zu haben.

    Allerindgs wird dies von einigen (z.B. Herrn Postma, meinem Philosophie-Lehrer vom Gymnasium) anders gesehen. Wenn ich etwas selbst im obigen Sinne "rein altruistisches" mache, so tue ich dies, weil es mir ein gutes Gefühl gibt und das ist wiederum etwas gutes für mich.
    Nach Herrn Postma müsste jemand schon etwas völlig fremdnütziges tun, obwohl er sich dabei schlecht fühlt, wobei er aber dazu nicht gezwungen oder durch mögliche Vorteile motiviert wird. Dies ist aber schlicht unmöglich, denn selbst wenn jetzt jemand etwas fremdnütziges tun möchte, obwohl er das eigentlich nicht will (eine Spende an die NPD vielleicht?) nur um zu beweisen, dass das doch möglich ist, dann macht er es letztendlich für das positive Gefühl das Gegenteil bewiesen zu haben usw. usf.

    B.J.

    (Ich habe wieder vergessen mich einzuloggen und diese blöde Seite erlaubt mir nicht meinen Text aus diesem Fenster herauszukopieren.)

    ReplyDelete
  4. das sehe ich ganz genau so. vielleicht könnte man so weit gehen zu sagen, dass altruismus lediglich ein gegenbegriff zum egoismus ist, dessen verwendung (einzig und allein) dafür notwendig ist, um den egoismus negativ abzugrenzen und dadurch zu definieren, ohne dass es ihn - also den altruismus - aber als faktum gäbe.

    p.s.:
    mein herr postma heißt übrigens herr halbeisen. er würde dir gefallen.

    ReplyDelete